Mittwoch, 19. Juli 2017

Janelle Harris: "See Me Not"

Emma ist schon seit ihrer Jugend mit David zusammen, doch geheiratet haben sie erst jüngst. Allerdings trägt Emma bereits seit den Anfangszeiten ihrer Liebe ein Geheimnis mit sich herum, was sie sich David zu offenbaren bislang nicht getraut hat, obschon es schwer auf ihr lastet und Emma seither zu depressiven Verstimmungen neigt und sich zuvor auch häufig Selbstverletzungen zugefügt hat.

Unerwartet erreicht Emma die Nachricht, dass Danny gestorben ist, den sie einst als Arbeiter am nächsten Bahnhof kennengelernt hatte, nachdem er den Eindruck hatte, sie könne sich eventuell vor den nächsten Zug stürzen. Seither hatte sich ein gewisses Vertrauensverhältnis zwischen den Beiden entwickelt und der Tod ihres liebsten Vertrauten stürzt Emma in ein tiefes Loch.
Als David nahezu zeitgleich zu einer Geschäftsreise aufbrechen muss, wird Emma plötzlich von einem ihr Unbekannten kontaktiert, der ihr Fotos zukommen lässt, auf welchem David mit seiner Vorgesetzten Amber in sehr inniger Pose zu sehen ist. Emma flüchtet sich in den Gedanken, dass die Bilder nur aus einem unglücklichen Winkel heraus aufgenommen wurden sind, aber tatsächlich gesteht David ihr nach seiner Heimkehr, dort mit Amber geschlafen zu haben.
Aber Emma wird weiterhin vom Fremden angetextet, der sie zu verfolgen scheint, denn woher sollte er wissen, wo sie sich just aufhält und welche Kleidungsstücke sie trägt? Emma ist überzeugt, dass Amber sie stalkt, um sie in den Wahnsinn zu treiben und sie als Rivalin aus dem Weg zu räumen. Doch David hat gar kein Interesse an Amber und auch diese behauptet, nicht an David interessiert zu sein. Zudem kann sie nachweisen, aktuell selbst auf Facebook von einer unbekannten Person attackiert zu werden, deren Aussagen ebenso wie ihr spärlich ausgefülltes Profil vermuten lassen, dass es sich hierbei um ein von Emma erstelltes Profil handelt.
Angesichts der psychischen Probleme, mit denen Emma immer so sehr zu kämpfen hatte, denkt bald ihr gesamtes Umfeld, dass Dannys Tod, gepaart mit Davids Seitensprung, sie in eine Manie haben fallen lassen, aber Emma weiß, dass sie nicht verrückt ist und dass es nicht sie ist, die Amber belästigt.
Zudem erhält sie selbst doch auch unliebsame Nachrichten? Alles spitzt sich nur noch mehr zu, als die unbekannte Person eindeutige Hinweise darauf gibt, dass ihr Emmas Geheimnis absolut bekannt ist.
Es scheint gar nicht um David zu gehen; jemand scheint einen persönlichen Feldzug gegen Emma führen zu wollen und wieso sollte Amber denn genau das tun, denn Emma und sie kennen sich doch gar nicht …

Janelle Harris: „See Me Not“


Dieser Thriller wurde Mitte Juni kurzzeitig für lau bei Amazon angeboten, wodurch ich auf ihn aufmerksam wurde. Aber ohnehin wäre das eBook auch via KindleUnlimited ausleihbar, wenn man davon absieht, dass derzeit regulär nur 0,99€ für den in der Druckausgabe 354 Seiten starken Schmöker zu berappen wären. 
Die Kurzbeschreibung fand ich ansprechend, und dann war der Titel auch noch um „The psychological thriller that'll stop you logging into Facebook for weeks“ ergänzt: Das klang so wunderbar nervenaufreibend und nach Spannung pur.

Der Zusatz entpuppte sich allerdings als völlig übertrieben: Wer nach der Lektüre wochenlang Angst davor hat, sich bei Facebook einzuloggen, würde nach dem Anschauen des Films „Unknown User“ niiiiiiie mehr Skype nutzen. Der Film war allerdings wirklich gespenstisch gemeint, während sich der Bösewicht in „See Me Not“ sehr schnell selbst enttarnt. Wieso sollte ich also Angst haben, mich in mein Facebook-Konto einzuloggen, wenn mir genau gesagt wird, dass hier kein Irrer wahllos Stalkingopfer bestimmt, sondern dass es da um etwas ganz Persönliches zwischen Emma und Bösewicht geht?

Ich benenne den Bösewicht nicht namentlich, was diese Buchbewertung ein wenig schwierig macht, da man als Leser dessen Identität eben so früh klar enthüllt bekommt und es für einen, quasi parallel zu Emma, nur unklar bleibt, was der Blödsinn da eigentlich soll?!
Die Handlung wird zum größten Teil von Emma aus der Ich-Perspektive erzählt, kurzzeitig tritt David mal als Erzähler auf und später darf auch der Bösewicht regelmäßig mitsenfen und wirkt dabei lediglich wie jemand, der sich völlig in etwas verrannt hat und darüber irre wird – also quasi die Person ist, die ihr Umfeld aktuell mehr und mehr in Emma zu sehen glaubt.

Ich fand den Roman nun gar nicht schlecht; via KindleUnlimited gelesen wäre er definitiv kein Reinfall und die aktuell im Einkauf verlangten 99 Cent würde ich auch durchaus noch als Schnäppchen bezeichnen, aber: Total begeistert hat mich die Geschichte nun auch nicht. Im Grunde genommen habe ich „See Me Not“ als typischen, grundsoliden Thriller empfunden, aber mir waren diverse Eckpunkte der Handlung doch auch noch zu unausgegoren.
Die Figur der Emma war für mich etwas zu widersinnig gestaltet: Beispielsweise hebt sie immer wieder das Verhältnis zwischen ihr und dem verstorbenen Danny als besonders herzlich und intensiv hervor, räumt aber bereits zu Beginn des Buchs ein, dass sie zuletzt kaum noch Kontakt zu Danny hatte. Dennoch bezeichnet sie ihn später als ihren „Ersatzvater“ und ist nach seinem Tod noch überrascht darüber, wie und wo Danny eigentlich gelebt hat. Vor Allem dies war für mich ein Riesenknackpunkt an der Erzählung, der mich auch überlegen ließ, ob Emma nicht ganz klar dazu neigen würde, sich in Situationen hineinzusteigern.

Da die Motive des Bösewichts erst ganz zum Ende hin aufgeklärt wurden (und meine Güte, was war das doch noch für ein dramatischer Showdown, der sich da entsponn!) und er vorher in erster Linie nur dort bekloppt wirkte, wo ich Emma auch ein wenig seltsam und überzogen fand, sass ich letztlich zwischen allen Stühlen: Ich wollte wissen, was dahintersteckte, hätte aber nicht sagen können, auch wessen Seite ich nun stand – sofern ich überhaupt irgendwem die Daumen drücken wollte.  
Vor Allem die Figuren hätte ich mir also intensiver dargestellt gewünscht.

In der Geschichte gehalten hat mich insbesondere meine Neugier auf das Ende: Ich wollte die Auflösung unbedingt kennenlernen! Der Schluss war dann nicht auch nur überraschend rasant und dramatisch, sondern da gab es durchaus auch noch den einen oder anderen Überraschungsmoment für mich, als ich bereits dachte: „Ah, das war es jetzt!“
Die Erklärung des Ganzen war für mich übrigens durchaus glaubwürdig und ich könnte mir vorstellen, dass sich eine solche Geschichte auch in der Realität abspielen können würde. 
Ich will allerdings nicht unerwähnt lassen, dass ich die Erzählung zwischendrin durchaus mal als sehr zäh und langatmig empfunden hatte, wenn sich im Grunde genommen das Stalking einfach nur wiederholte. Dafür und für die eher schwachen Charakterzeichnungen der Hauptfiguren würde ich definitiv einen Punktabzug vergeben, aber mit ein bisschen Feinschliff würde „See Me Not“ ein absoluter Top-Thriller sein können und man darf halt nicht erwarten, dass man hier nach der Lektüre wirklich damit hadern könnte, sich bei Facebook einzuloggen.

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Janelle Harris: „See Me Not“ – ein Thriller wie eine Torte, auf der noch die Sahnetüpfelchen fehlen!
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„See Me Not“ von Janelle Harris, veröffentlicht im November 2016
Amazon: eBook (0,99€)* [ohne weitere Zusatzkosten auch via #KindleUnlimited ausleihbar] / Taschenbuch (11,76€ [354 Seiten])* 

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